Der steinerne Bergmann

Text: Detlev Herbst – Layout: Harald Wokittel

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Der steinerne Bergmann in der Parkanlage     Aufnahme Mai 2015 – Harald Wokittel

In der Grünanlage an der Volperstraße steht seit dem Jahre 1974 eine Bergmannsstatue aus Sandstein. Sie ist für viele Volpriehäuser Einwohner inzwischen zu einem der Wahrzeichen des Ortes geworden. Den meisten von ihnen ist heute wohl nicht mehr bekannt, auf welch verschlungenen Wegen sie  dorthin kam.

Im Jahre 1943 schlug der Architekt Otto Katzmann vor, zur Erinnerung an den Kali – und Steinsalzbergbau in Volpriehausen  auf dem Gelände des früheren Bergwerks Wittekind, das zu dieser Zeit als Heeresmunitionsanstalt (Bw.) der Wehrmacht genutzt wurde, eine steinerne Bergmannsstatue aufzustellen. Überlebensgroß im heroisierenden Stil der NS – Zeit sollte sie verwirklicht werden. Katzmann fertigte dazu selbst einen Entwurf an. Er war zu dieser Zeit beim Heeresbauamt in Hildesheim beschäftigt und leitete die Baumaßnahme 1110012  – Errichtung der Heeresmunitionsanstalt Volpriehausen.

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Bergmann mit Lohre Aufnahme   05/2015 – Harald Wokittel

Die künstlerische Ausführung wurde dem Bildhauer und Leiter der Kunstgewerbeschule Kassel, Professor Schmidt-Kestner übertragen. Erich Schmidt-Kestner wurde am 15. 1. 1877 in Berlin geboren und machte dort seine Ausbildung als Bildhauer. Bis 1917 lehrte er in Berlin. Danach war er bis 1927 als Professor an der Kunstschule in Königsberg/Ostpr. tätig. Im Jahre 1934 folgte er einem Ruf  an die Kunstgewerbeschule in Kassel  und übernahm die Bildhauerklasse. Später wurde er zum Leiter der Kunstgewerbeschule berufen. Erich  Schmidt-Kestner starb  1945.
Eine Kassler Steinmetzwerkstatt übernahm die Ausführung der vier Meter hohen Skulptur aus hellem Sollinger Sandstein und ließ sie nach ihrer Fertigstellung Anfang 1945  in drei Teilen nach Volpriehausen transportieren.

Bedingt durch die chaotischen Verhältnisse in den letzten Kriegsmonaten wurde die Statue nicht mehr – wie vorgesehen – in die  Fassade der elektrischen Zentrale integriert sondern in einer Halle auf dem Gelände der Heeresmunitionsanstalt gelagert. Infolge der Explosionskatastrophe unter Tage Ende September 1945 wurden die Teile der Statue unter Trümmern begraben und gerieten so in Vergessenheit.

In einer feuchtfröhlichen Stammtischrunde in der Gastwirtschaft“ Zum Sollinger Wald“ Ende der vierziger Jahre erinnerte man sich der vergessenen Statue und schlug vor, den Kopf als  Tischwappen  in der Gastwirtschaft  aufzustellen. Wie lange er dort stand, ist heute nicht mehr bekannt.

Im Jahre 1971 fand man den Kopf im Vorgarten eines Volpriehäuser Einwohners wieder. Mitglieder des örtlichen Verkehrsvereins beschlossen darauf, den inzwischen bemoosten und leicht verwitterten Kopf zu reinigen und mit den anderen Teilen als Bergmannstatue in der Grünanlage an der B 241 aufzustellen. Bevor dies jedoch  geschehen konnte, mussten  erst noch die Eigentumsverhältnisse der Statue geklärt werden. Die Bundesrepublik Deutschland war nach 1945 Rechtsnachfolgerin des  Deutschen Reiches  und somit auch Eigentümerin der Bergmannsstatue in Volpriehausen geworden.  Nach längeren Verhandlungen zwischen dem Verkehrsverein Volpriehausen und dem Bundesvermögensamt Göttingen  kam es schließlich zu einer Vereinbarung darüber, dass  die Statue in den Besitz des Verkehrsvereins übergehen sollte.

Da die Rückseite der Statue an ihrem ursprünglich vorgesehenen Standort  nicht sichtbar gewesen wäre, wurde der Volpriehäuser Steinmetzmeister Theophil Tschritter mit der Fertigstellung der Statue und der Restaurierung des Kopfes beauftragt. Unter Mithilfe der Stadt Uslar wurden die drei Teile der Statue schließlich  im September 1974 gesandstrahlt und erstmalig zu der noch heute existierenden Bergmannsstatue vereinigt. Nach einer Sternwanderung aller Zweigvereine des Sollingvereins wurde der Bergmann am 24. 9. 1974 von ehemaligen Bergleuten aus Volpriehausen und Reyershausen feierlich enthüllt.