Consolidierte Sollinger Braunkohlenwerke Volpriehausen

 Die Tagebaue in Delliehausen

Text: Detlev Herbst   –   Fotos: Ortsheimatarchiv Volpriehausen Layout & Gestaltung: Harald Wokittel

In den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts wurden mehrere Braunkohlentagebaue in Uslar – Allershausen in Südniedersachsen und bei Lippoldsberg im nördlichen Kurhessen bei Lippoldsberg erschlossen. Sie wurden wegen der schlechten Qualität der Kohle allerdings bald wieder geschlossen.

Braunkohle Tagebau Delliehausen 1903

Zwischen 1880 und 1883 ergaben mehrere Probebohrungen bei Delliehausen abbauwürdige Lagerstätten von Braunkohle. Die Schürfrechte hatte sich der Kaufmann L. Bruns beim  Oberbergamt Clausthal gesichert.  Bruns war Mitbegründer der Consolidierten Sollinger Braunkohlenwerke, einer Tochterfirma des Berliner Bankhauses S. Bleichröder & Co.

Die Firma hatte ihren Sitz in einem mehrstöckigen Gebäude in der Schlarper Straße gegenüber dem Bahnhof in Volpriehausen.

Ein erster Tagebau wurde an der hinteren Haje erschlossen, jedoch nach kurzer Zeit wieder verfüllt und in 300 m Entfernung ein weiterer angelegt.

Der Tagebau östlich des Hengstrückens hatte folgendes Profil:

0         –       1,00 m          Geröll

1,00    –       4,00 m          weißer Sand

4,00    –       4,85 m          erstes Braunkohleflöz

4,85    –       5,35 m          Braunkohle mit Sand

5,35    –       5,65 m          zweites Braunkohleflöz

5,65    –       6,45 m          weißer Sand

6,45    –       7,85 m          drittes Braunkohleflöz

Die Qualität der geförderten Braunkohle und die Entwässerbarkeit des Tagebaus waren gut. Die Flöze lagen nur bis zu acht  Meter tief und konnten im Tagebau abgebaut werden. Auf dem zugeschütteten ersten Tagebau ließ die Verwaltung eine „Kaserne“ zur Unterbringung der auswärtigen Arbeiter erbauen. Auf dem Gelände befanden sich noch ein  Bürogebäude, das Kessel-und Maschinenhaus, ein Schuppen mit einem Lagerhaus, dem Kohlebunker und ein Pferdestall für die Grubenpferde. Diese  zogen die Rohkohle in Kipploren aus dem Abbau heraus. Die aus tieferen und somit qualitativ besseren Flözen gewonnene Braunkohle brachte man mit Ochsenkarren direkt nach Uslar.

Die Farben-und Brikettfabrik in Volpriehausen

Ende Juli 1885 konnte die 1884 projektierte ca. 3000 m lange Drahtseilbahn zwischen dem Tagebau in Delliehausen und dem Bahnhof in Volpriehausen in Betrieb genommen werden. Sie führte über den Klinkerbühl nach Volpriehausen, überquerte die Chaussee und endete auf dem Grundstück Düsterwald/Athenhöfer westlich des Bahnhofs, wo noch im selben Jahr eine Farbenfabrik entstand.

img149Die minderwertigen oberen Partien der geförderten Rohkohle aus dem sog. Farbflöz wurden fortan mit der Seilbahn zur Farbenfabrik nach Volpriehausen gebracht. Auf diesem Wege konnte die Kohle schnell und billig nach Volpriehausen transportiert werden.

Dort wurde die Rohbraunkohle getrocknet, gemahlen und gesiebt. Der normale Siebdurchgang ergab das sog. „Kassler Braun“, die besonders feinkörnigen Qualitäten sog. „Van-Dyck-Braun“. Beide Farben waren zu dieser Zeit nicht nur in Deutschland sondern auch im Ausland sehr begehrt. 1887 stellte man die Farbenproduktion ein, da nun auf chemischer Grundlage qualitativ bessere und billigere Farben hergestellt werden konnten.

Bahnhof und Braunkohlewerk Volpriehausen

Im August 1885 melden die Sollinger Nachrichten „ In Rücksicht auf den immer größeren Umfang annehmenden Betrieb der Sollinger Consolidierten Braunkohlenwerke  hat sich die Königliche Eisenbahndirektion veranlasst gesehen, in Volpriehausen … einen neuen Bahnhof zu errichten.“

Der Haltepunkt der Bahn befand sich bis dahin vor dem Ertinghäuser Tunnel auf Schlarper Gemeindegebiet. Nach ihrer Schließung wurde die Farbenfabrik zu einer  Brikettfabrik umgebaut. In zwei großen Pressen wurden dort nach dem Vermahlen der Rohkohle aus dem Kohlenstaub „Sollinger Briketts“ gepresst, die hauptsächlich für den Hausbrand genutzt wurden.

Die Sandwäsche

Nördlich der Fabrik zwischen der Landstraße und der Farbenfabrik, war die Anlage der   Sandwäsche, in der der von der Kohle ab gesiebten Sandrückstand, wertvoller Quarzsand, gewaschen wurde. Feiner Quarzsand, war als Glasschmelzsand ein gesuchter Rohstoff für Glasfabriken.

1. Schicht – Belegschaft Volpriehausen 1903

Der minderwertige Sand wurde zum Streuen ungestrichener Fußböden in den Bauernhäusern  verkauft.  Die aus ungestrichenen Holzbrettern oder Bohlen bestehenden Fußböden  wurden damals mit Sand ab gestreut, um sie durch Abfegen leichter reinigen und sauber halten zu können. Diesen Stubensand transportierten hauptsächlich die „Sandmännchen“, Hardegser Händler, auf Eseln zu den Abnehmern in der Umgebung.

Die Sandwäsche bestand aus einem großen Teich auf der Kohrschen Wiese. Durch eine ½ x ½ m tiefe Holzrinne wurde der Sand mit Wasser heruntergespült. Am Ende der Rinne waren ein Grobsieb und dahinter ein Kastensieb angebracht. Im Abstand von vier Metern folgten vier weitere Siebe. In Absetzpfannen von einer Größe von 12 x 5 m und einer Tiefe von 80 cm setzte sich der Sand schließlich ab. Die Sandhalden befanden sich direkt neben dem Bahnhof.

Die weitere Entwicklung bis zur Einstellung des Kohleabbaus

Seit dem Jahre 1897 war Bergwerksdirektor Schröder Direktor der Consolidierten Sollinger Braunkohlenwerke. Sein Büro und seine Dienstwohnung befanden sich im Eckhaus Schlarper Straße gegenüber dem Bahnhof. Von dort fuhr er täglich mehrmals in seiner Kutsche nach Delliehausen, um die Arbeitsabläufe am Tagebau zu überwachen. 1899 wurde Schröder zusammen mit dem Landwirt H. Harriehausen von der Bollertsmühle in den Uslarer Kreistag gewählt.

Belegschaft Volpriehausen

In den ersten Jahren ihres Bestehens waren im Tagebau und der Fabrik etwa 300 Arbeiter und Angestellte tätig. In den folgenden Jahren verringerte sich die Zahl der Beschäftigten ständig.

Die untenstehende Tabelle gibt einen Überblick über die Entwicklung der Kohleförderung bis  1910.

Jahr    Fördermenge     Kohle – Briketts  – Sand     Beschäftigte

1887               2.365 hl

1888             21.285 hl

1889           387.000 hl

1891           733.000 hl    Kohle, 224.000 Ztr. Briketts

1895           977.000 hl     Kohle, 380.000 Ztr. Briketts     244

1898           856.281 hl      Kohle, z.T. Briketts                          181

1900           870.918 hl      Kohle, z.T. Briketts                          185

1901           642.034 hl       164.176 Ztr. Briketts                   173

1903           6.427.460 kg     75.651 Ztr. Briketts                   165

1904           683.357 hl          81.342 Ztr. Briketts                   170

1908                                                4.125 Ztr. Briketts

1909           818.884 hl            6.314 Ztr.  Briketts                                                                                                              125.804 hl Sand                          151

1910           612.780 hl           13.342 Ztr. Briketts                                                                                                              122.717 hl Sand                          135

Am 22. 04. 1911 stellten der Tagebau in Delliehausen und die Brikettfabrik in Volpriehausen ihren Betrieb ein. Der Abbau lohnte sich nicht mehr, da die Vorräte nahezu erschöpft waren. Die Anlage und die Drahtseilbahn wurden abgerissen, die Brikettfabrik nach dem Ersten Weltkrieg auf Abbruch verkauft.

Quellen-und Literaturverzeichnis:

Ungedruckte Quellen:

Niedersächsisches Bergarchiv Clausthal-Zellerfeld:

Hann 184 Acc, 5 Nr. 1389

Hann 184 Acc, 9 Nr. 2842

Hann 184 Acc, 9 Nr. 2847

W 2122

Gedruckte Quellen:

Jahresberichte der Handelskammer zu Göttingen 1883 – 1913

Literatur:

Bierkamp, Gustav / Reuse, Armin: Chronik von Delliehausen               Uslar, 1980

Geologische Karte von Niedersachsen, Erläuterungen zu Blatt Hardegsen , Nr 4324, 1: 25000. Hannover, 1968

Herbst, Detlev:  750 Jahre Volpriehausen, Aus der Geschichte unseres Dorfes, Göttingen, 1983

Wetzlaff, Undine: Aufbruch ins Industriezeitalter – die Industrialisierung des südlichen Sollings Holzminden, 2012

Jahrgänge der Sollinger Nachrichten, 1880 bis 1911